Das 21. Kühl-Jubel/

[359] Darinn er di am 14. October 1666. oder vor 21. Jahren an Brandenburg befohlne Drabitz-Offenbahrung/dem Chur-Printzen Fridrich vortrug/ im Nordcrith/ am 21. Tage nach seiner dritten Ankunfft/ den 17. October 1687.


1.

Auf/ Fridrich Brandenburgs! Du Zweit- und Zwölfter Du!

Di Stund ist da Dich anzusprechen/

Und zu befehlen ernst/ was Heut singt der Kühlpsalter/

Daß Gottes-Weißheit Dir auffschlüsse den Verstand.

In Fridrich wachß Dein Hauß/ als Er di Chur anfing:

In Fridrich wachß es neu/ als Er di Chur vollendt;

In Dir/ O Fridrich/ wann Du das recht vollbringest/

Was Deinem Vater ist von Drabitz anbefohlen.

Er steht in mir gleich auff nach ein und zwantzig Jahren/

Und bringt vollkommen fort/ was er zuvor versäumte.


2.

Wi Heut dem Frantz Ragotz Genad noch angeboten/

Ob schon di Drei von seinem Hauß dahin:

So wird auch Heut ein ander neu erwehlet/

Als nun der Vierdte auch verspottet di Genad.

Betrachte solches wohl/ erkenne Dein beruffen!

Von wem! Und wann! Und wi? Und sei recht Friderich/

Der Friderichs verstossen räche/

Nihm Fridrich ernst zu Hof/ wi Dein Groß-Vater that/

Als er dahin von Breßlau war geflohen!

Schreib ides Wort ins Hertz/ das dises Ruffen schreibet.


3.

Der Gallicana Sohn/ Dein Pat und deines Bruders/

Von beiden auch benahmt/ bringt Dir Geheimnis bei.[360]

Er starb sehr wunderlich/ in meinem dritten Wunder/

Wi von der Mutter Er auch wunderlich gebohren/

Als si so offt mich sah/ eh si mich noch gesehn

Dein Bruder/ Ludewig fil auch so schnell hinweg/

Unf fleuchst Du recht das Gifft/ das Ihm ward beigebracht/

Das Judica wohl kennt/ ob si es noch nicht meldet.

Sein sterben gebe Dir Gehohrsam in Dein Hertz/

Daß Gottes Engel Dich erleuchte und beschutze.


4.

Wi der Comen außging nach Amsterdam sehr glükklich/

Als dem Befehl er kommen nach:

So wär auch Drabitz nicht verfallen in solch Ende/

Wo er gegangen wär befohlen zu Deinem Vater.

Er kommt nunmehr im Geist/ zeigt billichst seine Straffe/

Und hält der Welt und Euch Sich selbst zum Spiegel vor.

Er rufft: Wi mich das Thir zuletzt auch überwunden/

Nach beider Zeugen Art/ als sich mein Zeugniß endt:

So überwindt es Euch/ wo Ihr es nicht antastet/

Und wird Euch selbsten thun/ was Ihr ihm thun gesollt.


5.

Verfolgt in Brandenburg von Holland biß zu Pohlen

Den Papst mit Feur und Schwerdt/ eh Euch der Pabst verfolgt!

Geht fort in Schlesien/ durch alle Fürstenthümer/

Und macht mein Breßlau frei von Pabst und Antichrist!

Greifft drauff das Mähren an/ mit dem befohlnem Ernste/

Und sätzt di Mähren-Kron stat der Chur-Mütze auff!

Der Sachse folgt Euch nach/ und wirfft als Böhmens König

Des Romes Götzen-Tand auß Böhmen gar hinweg!

Der Schwed erwachet drauff/ vollführt sein erstes Brüllen/

Und geht der Nordens-Grimm nach den Propheten


A.V.S.


Quelle:
Quirinus Kuhlmann: Kühlpsalter, Band 2 (Buch 5–8 u. Paralipomena), Tübingen 1971, S. 359-361.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Bozena

Bozena

Die schöne Böhmin Bozena steht als Magd in den Diensten eines wohlhabenden Weinhändlers und kümmert sich um dessen Tochter Rosa. Eine kleine Verfehlung hat tragische Folgen, die Bozena erhobenen Hauptes trägt.

162 Seiten, 9.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon