EINE BALLADE VOM TRAUMLAND

[40] Ich barg mein herz in ein nest von rosen

Weit von dem sonnenweg niederwärts ·

So weich kann nicht weicher schnee mit ihm kosen –

Unter den rosen barg ich mein herz.

Was wollt es nicht schlummern? was sollt es nicht weilen

Wenn niemals ein blatt von dem rosenbaum schwang?

Was liess ihm den schlaf aufflatternd enteilen?

Nur eines heimlichen vogels gesang.


Lieg still! sprach ich: schwingen des windes ruhten.

Das laub dämpft milde den stechenden strahl.

Lieg still! denn der wind schläft warm auf den fluten

Unstäter wie du ist der wind nicht einmal.

Hat dich wie ein dorn ein gedanke getroffen?

Verlezt dich noch zögernder hoffnung fang?

Was hält deines schlafes lider noch offen?

Nur eines heimlichen vogels gesang.[41]


Vom grünen land das ein zauber umgreifet

Schrieb niemals den namen ein wanderer auf

Und süssere frucht als auf bäumen dort reifet

Kam niemals auf einem markte zu kauf.

Die schwalben des traums ziehn im trüben gefilde ·

Wie schlaf ist in allen wipfeln der klang ·

Dort droht in den wäldern kein bellen dem wilde ·

Nur eines heimlichen vogels gesang.


ZUEIGNUNG

Im lande der träume ersah ich mein ziel ·

Dort schlaf ich und hör nichts den sommer lang

Von liebe in treue von liebe im spiel –

Nur eines heimlichen vogels gesang.

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Erster Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 15, Berlin 1929, S. 40-42.
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