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[315] Welche wilde Trauer,
Welcher Todesschauer
Herrschet um mich her?
Mit zerstreutem Haare
Stehet an der Bahre
Der Betrübten Heer.
Wilder Schmerz
Zerreißt ihr Herz;
Große Thränentropfen hangen
Blutig an den Wangen.
Heidnisches Getümmel
Jammert laut gen Himmel
Und betäubt mein Ohr.
Abgehärmte Mienen,
Todesangst in ihnen,
Blicken aus dem Flor.
Wie sie sich
So jämmerlich
Mit hervorgepreßten Blicken
In die Gräber bücken![315]
Zwar die Thränenbäche
Zeugen von der Schwäche
Menschlicher Natur;
Doch am Tag der Leiden
Heulen nur die Heiden,
Christen weinen nur.
Seid ihr blind,
Wie Heiden sind,
Die, wenn Bruderleichen brennen,
Keine Hoffnung kennen?
Wahre Christen wehren
Ungestümen Zähren
Einen freien Lauf.
Weckt man denn mit Sehnen,
Händeringen, Thränen
Einen Todten auf?
Seelen, sagt,
Die ihr verzagt:
Ist denn eine Welt verdorben,
Wenn ein Mensch gestorben?
Nur, wenn Christen hoffen,
Steht der Himmel offen;
Aber Sündern nicht,
Die verzweifeln wollen,
Wenn sie warten sollen,
Bis der Tröster spricht.
Ruht der Freund,
Den ihr beweint,
Wenn er selig abgeschieden,
Ruht er nicht im Frieden?
Zwar auch Christen weinen
Ueber den Gebeinen,
Die die Gruft verschließt;
Dich nur eine Zähre,
Die dem Freund zur Ehre
Und nicht ewig fließt.[316]
Denn ihr Blick
Strahlt nach dem Glück,
Das der Menschenfreund dort oben
Kämpfern aufgehoben.
Durch des Lebens Wüsten
Wandern fromme Christen
Hin nach Canaan.
Und auf dieser Reise
Ging, bedeckt mit Schweiße,
Unser Freund voran.
Bald wirst du
Zur stillen Ruh'
In das Land des Friedens gehen,
Und den Bruder sehen.
Brüder treffen dorten
An des Himmels Pforten
Ihre Brüder an;
Und ein David brennet,
Ewig ungetrennet,
Gegen Jonathan.
Eltern gehn
In jenen Höhn
Frommen Kindern, ihrer Freude,
Jauchzend an der Seite.
Es gescheh' dein Wille,
Vater! seufz' ich stille
Unter meinem Flor.
Meine Augen schauen,
Flammend vor Vertrauen,
Zu dem Herrn empor.
Träufle du
Geduld und Ruh',
Gleich dem Thau in dürre Wüsten,
In das Herz des Christen.
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