Epilogus.

[149] Was vor grosse Müh und Arbeit zu Anstell- und Ausführũg eines exercitii dramatici erfordert werde / das hat der Prologus gutes theils erinnert / aber doch nicht alles berühret. Denn in einem solchen exercitio muß der Erfinder desselben alle humors derer Personen / und ihre adfectus oder Gemühtsneig- oder Bewegungẽ erkundigen / und mit beqvehmen Worten abbilden. Weil nun so viel und mancherley Personen aufgeführet werden / ist unschwehe zu ermässen / daß er auch mancherley und wieder einander lauffende adfectus beschreiben müsse / welches ohne viel Nachsinnen nicht geschehen kan. Darnach[149] muß einer iedweden Person ihre anständige Red-Art gegeben werden. Sintemahl am hellen Tage lieget / daß anders ein vornehmer Potentat / anders ein gelehrter Mann / anders ein erbarer und bescheidener Bürger / anders ein Knecht oder Magd / anders eine Manns- und anders eine Weibs-Person / anders ein erwachsener Mensch /und anders ein kleines Kind zu reden pflege. Welches alles Plautus wohl beobachtet / und dannenhero von vielen dem Terentio vorgezogen wird / weil dieser fast alle Personen mit gleicher eleganz reden lässet /jener aber einem Knechte oder Magd viel andere Red-Arten zuleget / als einem vornehmen Manne. Deswegen denn die jenigen etwas stolpern / die da alle Formulen des Plauti vor das köstlichst und beste Latein halten. Denn wie nicht alles köstlich gut Teutsch ist /was ein verständiger Inventor einer Teutschen Comoedien Knechte / Mägde / Kinder / oder andere einfältige Leute reden lässet: also muß man auch von des Plauti formulis judiciren / welches iedoch wenig unter den studirenden jungen Leuten bedenken. Aber hiervon diesmahl genug. Vnd nach dem mich bedünket / es werden sich etliche bekü iern / ob dies unser abgelegtes Drama eine Comoedia oder Tragoedia zu nennen; als will ich auf empfangenen Befehl auch hiervon etwas beyfügen / und kürtzlich andeuten / daß es billich eine Tragoedia zu tauffensey. Denn dies bekräfftiget exitus Tragicus oder der erschrekliche Tod so wohl des Barbirers / als des Soldatens: Da hingegen die Comoedien einen frölichen Ausgang haben.[150] Wenn aber iemand einwenden wolte / in Tragoedien würde auch dieses erfordert / daß man darinnen hohe Personen / oder auch Götter / einfuhre / und sich dannenhero einer hohen Red-Art gebrauche / welches vielleicht in diesem exercitio nicht beobachtet worden: so antwort ich demselben / ob er denn nicht Martem, den Kriegs-Gott / den Praesidente und Adsessores des hohen Gerichts / so an stat der Durchlauchtigsten Signoria zu Venedig sitzet / vor hohe Personen achte; und ob er meine / es müßten in einer Tragoedien lauter hohe Personen aufgeführet werden? Warlich die Durchlesung derer berühmtesten Tragoedien wird ihm ein andere weisen. Denn in welcher werden nicht auch Knechte / Mägde oder andere gemeine Leute gefunden? So wird ferner in diesem Dramate von denen Gelehrtē gleich so bald bey Aufführung vornehmer Personen ein anderer character dicendi oder Red-art seyn vermerket worden. Dannenhero ich nicht sehe / worum man solchem Dramati den Nahmen einer Tragoedien versagen könne. Im fall aber nicht alle und iede der gravität oder Minen ihrer anvertrauten Personen ein verlangtes Genügen geleistet / wie sonder Zweifel es bißweilen hieran wird ermangelt haben; so trösten wir uns / daß solche defecte unserm unerfahrnen Alter gnädig / groß- viel-und günstig werden zu guter gehalten / und hiernechst erwäget werden / daß die allerwenigsten Personen vor diesem bey dergleichen exercitiis, die meisten aber niemals darbey gewesen / und unsers hertzgeliebten[151] Herren Rectoris Eriñerungen / so bey dem Versuch überflüssig geschehen / nicht alsobalden völlig nachko ien köñen. Schlieslich bedanket gegē diese hochan sehnliche Versamlung ietzt ermeldter unser Hr. Praeceptor sich unterthänig / unter-dienst- und freundlich / daß dieses Drama so gnädig / groß-viel- und günstig ist angesehen uñ angehöret worden / sich erbietende / daß er solche Gnade / hohe Gunst / und erwiesene Freundschaft neben seinem andächtigen Gebet mit unterthänigen und andern müglichen Diensten zu erwiedern ihme iedesmahl höchst angelegen seyn lassen wolle. Der Allerhöchste sey vor Vollendung dieses Werks / zuförderst aber vor die glükliche expedition so wichtiger Sachen / als bey diesem hochlöblichen Land-Tage vorgefallen / ewig / hertz- und herrlich gepreiset. Der wolle über unserer hohen Obrigkeit / und allen treuen Ständen auch förderhin in Gnaden walten / Fried und Ruh erhalten / und iederman mit reichem Segen erfreuen.
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Quelle:
Johann Sebastian Mitternacht: Dramen. Tübingen 1972, S. 149-153.
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