Die Mutter am Grabe ihres Kindes

[448] Husch! husch! wie braust der kalte Wind

Über beschneite Gräber her!

Unter dem Schnee da liegt mein Kind,

In meinen Armen nicht mehr!


Wie seufzt das Totenkreuz so bang

Vom Sturm geschüttelt hin und her!

Ach! als die Totenglocke klang,

Wie ward der Mutter so schwer!


O weh! nun liegt mein armes Kind

In der Erde tief verscharrt!

Über dem Grabe weht der Wind,

Die Träne zu Eis mir erstarrt!


Der Wangen schöne Röselein

Zerknickte der grause Tod so bald!

Und die holden Äugelein

Sind geschlossen und kalt!


O weh! nun liegt mein armes Kind

In der Erde tief verscharrt!

Über dem Grabe weht der Wind,

Die Träne zu Eis mir erstarrt!

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 448.
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