Sechste Szene

[306] Gleichzeitig mit dem Signal erwacht das Leben in der ganzen Kaserne. Man hört in den ziemlich langen Pausen zwischen den Wiederholungen, wie es überall lebendig wird. Nach der dritten Wiederholung des Signals kommt Heinrich mit einer kleinen Laterne vorn rechts.


HEINRICH suchend, in jammerndem Ton. Ach Gott! ach Gott ... hier waren doch noch ...

JOSEPH der ihm gefolgt ist, in der Tür. Da brennt ja noch 'ne Lampe. Mir haben sie gesagt: hier muß er sein.[306]

HEINRICH. Aber wo denn? Er geht zu der einen Tür links und öffnet sie. Hineinleuchtend. Herr Leutnant?

JOSEPH. Nichts?

HEINRICH. Kein Mensch.

JOSEPH. Vielleicht da?

HEINRICH will die andere Tür öffnen und findet sie verschlossen. Er klopft. Herr Leutnant!


Er horcht. Es bleibt alles still und er klopft noch einmal.


JOSEPH. Weshalb soll er sich denn einschließen? Unsinn!

HEINRICH. Herr Leutnant! – Herr Leutnant, es ist Zeit! Was soll ich machen! Es ist ja die höchste Zeit! – Er rattert an der Tür. Herr Leutnant, es ist die allerhöchste Zeit ...

HAROLD kommt eilends herein und bemerkt Heinrich an der Tür. Was ist? Zu? – Zu Joseph. Drück dich – Joseph eilends rechts ab. Zu Heinrich. Vorwärts, Kerl! Anfassen! Er stemmt sich mit Heinrich gegen die Tür. Eins, Zwei ...


Die Tür fliegt auf, beide gehen hinein.

Die Bühne bleibt einen Moment leer.


HEINRICH mit den Zeichen des furchtbarsten Entsetzens, kommt wieder heraus und eilt stolpernd ans Fenster, das er aufreißt. Hilf –


Das Wort bleibt ihm in der Kehle stecken. Er gestikuliert heftig zum Fenster hinaus.

Draußen setzt jetzt die volle Militärmusik mit einem flotten Marsch ein.


Ende.


Quelle:
Otto Erich Hartleben: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Band 3, Berlin 1913, S. 306-307.
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