DIE BÄUME

[110] Wenn schon die erde feuer- und purpurrot

Unter der sterbenden sonne des herbstes flammt

So sieht man von einem kreuzweg einsam und fahl

Die bäume · die pilger · ins unendliche ziehn.


Die pilger wandeln in ihrer betrübnis gross

Gedankenvoll langsam und fromm auf den wegen am abend ·

Die pilger riesenhaft schwer · und lassen ihr laub

Von tränen und trauer und bitterkeit sinken.


Die pilger wandeln geheimnisvoll dahin ·

In zweien reihen immer · seit wievielen jahren?

Zum himmel immer und seiner verblichenen pracht

Und seinem magneten herrisch und unüberwindlich.


Die pilger tragen mäntel ganz aus strahlen ·

Gezackt durch den verscheidenden abendglanz.

Sie scheinen wie goldne kleider auf einem weg

Dahin gezogen von weihrauch und staub.[111]


Die pilger mit ihren wirren und buschigen häuptern

Bei ihrem vorüberwallen werden beschaut

Von mystischen weilern und frommen dörfern

Die im gebet sich beugen und niederknien.

Quelle:
George, Stefan: Zeitgenössische Dichter. Erster Teil, Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 15, Berlin 1929, S. 110-112.
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