Gegenliebe

[58] Wüßt' ich, wüßt' ich, daß du mich

Lieb und wert ein bißchen hieltest,

Und von dem, was ich für dich,

Nur ein Hundertteilchen fühltest;


Daß dein Dank hübsch meinem Gruß'

Halben Wegs entgegen käme,

Und dein Mund den Wechselkuß

Gerne gäb' und wiedernähme:


Dann, o Himmel, außer sich,

Würde ganz mein Herz zerlodern!

Leib und Leben könnt' ich dich

Nicht vergebens lassen fodern! –


Gegengunst erhöhet Gunst,

Liebe nähret Gegenliebe,

Und entflammt zur Feuersbrunst,

Was ein Aschenfünkchen bliebe.


Quelle:
Bürgers Gedichte in zwei Teilen. Teil 1: Gedichte 1789. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart 21914, S. 58.
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